hauptverzeichnis die klanginstallationen the spiritual location of sound |
IIch möchte Ihnen anhand der Komposition The Spiritual Location of Sound aufzeigen, welche Bezüge für mich zwischen einer spezifischen Lautsprecheraufstellung und der dafür kreierten Komposition bestehen. Es soll beschrieben werden, auf welche Weise die Möglichkeiten einer dreidimensionalen Bewegung des Klanges mein kompositorisches Denken prägen. Zunächst möchte ich einige allgemeine Gedanken zu meiner Arbeitsweise vorausschicken. Am Anfang jeder Komposition steht der Entwurf der Lautsprecher- konfiguration. Jede Lautsprecheranordnung stellt eine optionale Matrix dar, die eine bestimmte Anzahl von spezifischen Klangbewegungen erlaubt. Unter Berücksichtigung der akustischen Eigenarten des Raumes entstehen die ersten Ideen für das kompositorische Konzept; es schälen sich Kriterien für die Auswahl des Klangmaterials heraus. Grundvoraussetzung dabei ist, daß in der Komposition ausschließlich digitalisiertes Klangmaterial verwendet wird. Dadurch wird es möglich, das einsetzende Klangereignis mit der angekoppelten Klangbewegung digital gesteuert zu synchronisieren (siehe Abb. unten). Auf der Lautsprechermatrix lassen sich virtuose Klanggesten "zeichnen".
Die Bewegung des Klanges im Raum wird zu einem wichtigen Aspekt in der Wahrnehmung der Musik. Klangbewegung strukturiert auch den Verlauf des Stückes; und sie wirkt als musikalischer Parameter, entsprechend den Parametern Tonhöhe, Klangfarbe und Rhythmus. Ich werde im Folgenden versuchen, diese allgemeinen Aussagen anhand von Beispielen aus The Spiritual Location of Sound zu verdeutlichen.
IIBeschreibung der Lautsprecheranordnung und ihrer Beziehung zum architektonischen Raum Die Musik The Spiritual Location of Sound ist ganz allgemein für einen Kirchenraum, einen Ritualraum, komponiert. Die Klang-Installation wurde für das Langhaus der Heiliggeistkirche in Heidelberg entworfen und auf dessen spezifische Dimensionen abgestimmt. Die Inspiration für den Aufbau der Lautsprecherinstallation lieferte die Architektonik des Langhauses. Die gotischen Bögen des Kirchenschiffes bilden zentrale Punkte für die Aufhängung der Hauptkomponenten der Installation.
Die Installation für die Heiliggeistkirche besteht aus zwei Hauptkomponenten. Es sind zum einen vier aufeinander bezogene "Klang-Säulen" (Abb.1 A-D). Sie setzen sich aus jeweils drei an Ketten hängenden Lautsprechern zusammen. Die zweite Komponente bilden acht Lautsprecher, die 50 cm über dem Boden schwebend aufgehängt sind (Abb.1 Lautsprecher 1-8). Die Emporen des Langhauses bestimmen die maximale Höhenausdehnung der Installation (14 m). Die Grundfläche der Klang- Installation orientiert sich an den Maßen des Mittelgangs (28 m auf 7 m).
Abb.1 Beschreibung der Hauptkomponente 1 - die "Klang-Säulen" Die vier vertikalen Lautsprecherketten gleichen sich in ihren Maßen völlig. Die Lautsprecherboxen sind in drei übereinanderliegenden Ebenen angeordnet. Die oberste Ebene der Lautsprecherkette befindet sich auf einer Höhe von 14 m. Die Ketten sind gegeneinander versetzt positioniert. Der Abstand der hängenden Lautsprecher zueinander ist nicht gleich. Aufgrund der Annäherung der Ebene II an den Rezipienten fällt es dem menschlichen Ohr leichter, zwischen Klangereignissen zu differenzieren, die auf den Ebenen I oder II eintreten (Abb.1).
Beschreibung der Hauptkomponente 2 - die achtgliedrige horizontale Ebene III Es handelt sich hierbei um jene Lautsprecherebene, die dem Menschen am nächsten ist. Sie strukturiert die Raumtiefe bzw. -fläche feiner als die Ebenen I und II, da die Lautsprecher nur halb so weit voneinander entfernt sind wie die der anderen beiden Ebenen. Das Ziehen einer Legato-Linie ist nun technisch möglich (Abb.2, Rotation 3) und der Klang kann den Zuhörer in einer ununterbrochenen Klangbewegung umkreisen.
Abb. 2
IIIOptionale Bewegungen des Lautsprecheraufbaus und deren Verbindung mit kompositorischen Verfahren. Im Folgenden werden Beispiele für die Grundbewegungsformen des musikalischen Materials aufgezeigt, die für die InstallationThe Spiritual Location of Sound spezifisch sind.
1.
2.Eine weitere großformatige Bewegung entsteht, wenn das Klangmaterial zwischen den diagonal entgegengesetzten Lautsprecher-Ketten A und C (siehe Abb.1) hin- und her wechselt. Dabei liegt der Klang auf allen drei Lautsprechern der jeweiligen Kette an. Ich setze diese Bewegungsart in zwei Teilen der Komposition ein, kombiniere sie jedoch mit unterschiedlichem Klangmaterial, wodurch sehr verschiedene akustische Phänomene und Klangeindrücke entstehen. Im ersteren Fall verwende ich ein homogenes Klangband, das in der Tonhöhe konstant bleibt. Durch die weiträumige, große Klangbewegung entsteht eine signalartige Klanggeste, die den Übergang zum nächsten kompositorischen Teil einleitet. Man könnte auch ein kräftiges "Hin- und herwehen" des Klanges assoziieren. Im anderen Fall wechselt ein percussiver Klang zwischen den Ketten hin und her. Steht der Zuhörer nahe an einer der Ketten, wird er nur den Klang hören, der auf dieser Kette erklingt (s.Abb.3.I). Geht er nun auf die gegenüberliegende Kette zu, so wird er den dort angesiedelten Klang mit zunehmender Deutlichkeit wahrnehmen. Befindet er sich am Mittelpunkt der Ketten-Diagonale, wird er beide Signale gleichzeitig hören (s.Abb.3.II). Beim weiteren Annähern an die andere Kette verschwindet das ursprünglich wahrgenommene Signal und der Komplementärrhythmus wird hörbar (s.Abb.3.III).
Abb.3
Abb.4 Die Hörpartitur für dieses Durchschreiten der Lautsprecherketten- Diagonale sieht folgendermaßen aus:
Abb.5
3.
Abb.6
Abb.7: notierter Rhythmus, dessen Bewegung auf Abb.6 beschrieben ist
4.
Die Reihe der Beispiele ließe sich fortsetzen. In sehr vielfältiger Art und Weise kann Klangbewegung in die musikalische Komposition einbezogen werden. Der Raum, dem schon seit jeher eine vermittelnde Funktion in der Rezeption zukommt, spielt nun eine noch stärker mitbestimmende Rolle - mit seinen architektonischen Dimensionen, mit seinen akustischen Eigenschaften wird kalkuliert. Er wird zum Resonanzkörper der Klang-Installation.
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